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  • „Rasenforschung im Zeitalter der KI“: Unverzichtbares Wissen für nachhaltige Praxislösungen

Rasenthema: September 2025

Autor: Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


„Rasenforschung im Zeitalter der KI“:
Unverzichtbares Wissen für nachhaltige Praxislösungen

 

Einleitung

Die Möglichkeiten bei der Neunanlage von Rasen und der tatsächlichen Nutzung haben sich in Abhängigkeit vom Klimawandel und den Erwartungen der Spieler im Sportbereich sowie der Nutzer im privaten und öffentlichen Grün deutlich geändert.
Die Belastbarkeit von Gräsern soll größer werden und die Ansprüche bezüglich des optischen Aspektes einer Rasenfläche (Repräsentationsrasen, Stadionrasen, Golfgrün) sollen makellos sein. Dies sind nicht nur Herausforderungen bei der Züchtung neuer Sorten, hier kommt es auch auf die angemessene, nachhaltige Pflege bestehender Rasenflächen an.

 

Rasenversuche liefern große Mengen an Datenmaterial, die entsprechend ausgewertet werden müssen.
Abb. 1: Rasenversuche liefern große Mengen an Datenmaterial, die entsprechend ausgewertet werden müssen (Foto: K.G. Müller-Beck).

 

Monitoring und Qualitätsziele

Vor diesem Hintergrund wurden bei den Profianwendern verstärkt Pflegekonzepte zur Erreichung bestimmter Qualitätsstandards entwickelt, die dann über die Saison regelmäßig durch geeignete Methoden bewertet werden. Dieses Monitoring führt im günstigen Fall zu Anpassungen bei der Pflege. In diesem Zusammenhang gewinnt das Angebot von entsprechenden Pflege-Softwarelösungen für die Erfassung von Messdaten mehr und mehr an Bedeutung. Mit zunehmender Digitalisierung der Prozess werden verstärkt Sensortechniken durch Drohnen oder Satelliten genutzt. Die verfügbare Datenmenge wächst enorm, sodass sich für die anschließende Auswertung in jüngster Zeit einige Startup-Unternehmen qualifiziert haben.

Bei der Festlegung bestimmter Qualitätsziele kommt es auf die Erfahrung mit agronomischen Kenndaten und dem Know-how zum Rasen-Fachwissen an. Sind diese Kenntnisse nicht vorhanden, so kommt es gelegentlich zu Wunschzielen, die unerreichbar bleiben und somit zu Missverständnissen bei den Betreibern und den ausführenden Dienstleistern in der Pflege führen. Eine Versachlichung durch die Berücksichtigung von Ergebnissen aus geeigneten Rasenversuchen kann hier Abhilfe schaffen.

 

Aktuelle Herausforderungen in der Rasenforschung

Wissenschaftliche Versuche mit Ergebnisinterpretationen stehen zur Verfügung.
So wurden gerade bei der internationalen Welt-Rasenkonferenz in Japan die aktuellen Forschungsergebnisse ausgetauscht (s. Bericht: www.rasengesellschaft.de/newsreader/bericht_15-itrc-2025-in-japan.html).

Die DRG unterstützt satzungsgemäß seit Jahren die Rasenforschung und so entstand an der HS Osnabrück die erste Stiftungsprofessur „Nachhaltiges Rasenmanagement“. Diese Einrichtung mündet jetzt in das Kompetenzzentrum Rasen KORA an der HS Osnabrück.(s. Bericht www.rasengesellschaft.de/newsreader/kompetenzzentrum-rasen-an-der-hochschule-osnabrueck-mit-neuem-versuchsfeld.html).

Mit Nutzung der KI kommt man zu der Einschätzung, dass die Rasenforschung aktuell an einer spannenden Schnittstelle zwischen klassischer Pflanzenzüchtung, moderner Biotechnologie, Klimaanpassung und nachhaltiger Pflegepraxis steht.
Die wichtigsten Herausforderungen lassen sich in mehrere Schwerpunkte gliedern, dabei stellt sich auch die Frage, inwieweit zukünftig die KI echte Rasenversuche ersetzen kann.

Insgesamt verschiebt sich die Rasenforschung von einer reinen Leistungsoptimierung hin zu einem integrierten Nachhaltigkeits- und Anpassungskonzept, bei dem Pflanzenzüchtung, Bodenökologie, digitale Technologien und Pflegepraxis zusammengedacht werden.

 

Qualitätsmessungen im Golfbereich.
Abb. 2: Qualitätsmessungen im Golfbereich (Foto: K.G. Müller-Beck).

 

K.G. Müller-Beck Bearbeitung mit KI ChatGPT, 2025

Wissenschaftliche Rasenversuche werden durch die Entwicklung von KI keineswegs überflüssig, ihre Rolle verändert sich aber:

  • Grundlage bleibt das Experiment:
    KI kann nur mit verlässlichen Daten arbeiten. Diese Daten stammen aus Feldversuchen, Langzeitstudien und standardisierten Prüfungen. Ohne diese Basis fehlt der KI die „Realität“ zur Modellierung.
  • KI als Beschleuniger:
    Künstliche Intelligenz kann Versuchsdaten schneller auswerten, Muster erkennen und Prognosen ableiten (z. B. zur Sortenleistung, Stressresistenz oder Nährstoffdynamik). Dadurch lassen sich Hypothesen gezielter entwickeln.
  • Virtuelle Szenarien:
    KI-gestützte Simulationen können ergänzend Szenarien durchspielen, die in der Praxis schwer oder teuer zu testen wären (z. B. Klimaextreme 2050). Aber die Validierung muss am echten Rasen erfolgen.
  • Synergie statt Ersatz:
    Künftig wird es weniger um die Frage „Versuch oder KI?“ gehen, sondern um die Kombination: Versuche liefern Daten → KI verdichtet und interpretiert → neue Versuche prüfen die Prognosen.

Als Schlussfolgerung lässt sich festhalten, dass Versuche unverzichtbar bleiben, aber ihr Zuschnitt wird sich ändern. Statt flächendeckender Routineversuche wird man stärker auf präzise, gut dokumentierte Testfelder setzen, die KI-Modelle füttern und überprüfen.

 

Bedeutung wichtiger Parameter bei zukünftigen Rasenversuchen

Für eine innovative Rasenanlage und für die zukünftige, nachhaltige Rasenpflege dürfte es von besonderer Bedeutung sein, wie sich die Rasenforschung zu dieser Entwicklung aufstellt. Die Kriterien für die Fragestellungen und Auswertung von Rasenversuchen verschieben sich zunehmend durch Klimawandel, Nachhaltigkeit und digitale Werkzeuge.

Zukünftige Rasenversuche werden multidimensionaler, nicht nur Leistungsfähigkeit oder Aspekt zählen, sondern Resilienz, Effizienz und Nachhaltigkeit im Zusammenspiel mit modernen Analysetools gewinnen an Bedeutung.
Folgende Aspekte werden in Zukunft eine stärkere Bedeutung bei der Bewertung von Rasenflächen bekommen (Bearbeitung mit ChatGPT):

 

  • Klimawandel und Stressresistenz
    → Trockenstress: Entwicklung von Sorten mit tieferer Wurzelbildung und höherer Wassernutzungseffizienz.
    → Hitzeresistenz: Verbesserung der Fotosyntheseleistung bei höheren Temperaturen.
    → Winterhärte und Frosttoleranz: Anpassung an wechselhafte Winter ohne durchgehende Schneedecke.

  • Gräserzüchtung und Sortenentwicklung
    → Tetraploide Sorten: Nutzen höherer Vitalität und Krankheitsresistenz, aber Verbesserung der Narbendichte.
    → Artenvielfalt: Neue Kombinationen (z. B. Poa supina, Festuca arundinacea, Warmzonengräser) für Spezialnutzung.
    → Biotechnologie: Einsatz von Genom-Editing (z. B. CRISPR) zur gezielten Resistenzsteigerung.
    → Resistenz gegen Krankheiten wie Dollar Spot, Schneeschimmel oder Rotspitzigkeit.

  • Ressourcen- und Umweltmanagement
    → Wassereffizienz: Strategien zur Bewässerungsoptimierung (Sensortechnik), Nutzung von Wetting Agents.
    → Nährstoffmanagement: Reduktion von Stickstoff- und Phosphorverlusten, Entwicklung von Langzeit- und biobasierten Düngern.
    → Bodenleben: Förderung von Mikrobiomen zur Verbesserung von Bodengesundheit und Stressresistenz.

  • Digitalisierung und Monitoring
    → Sensorik und KI: Drohnen- und Satellitenbilder für Vitalitätsanalysen.
    → Robotertechnik: Kombination von Mährobotern, sensorgestützter Bewässerung und datenbasierter Pflege.
    → Präzisionsrasenpflege: punktgenaue Applikation von Dünger und Pflanzenschutz.

  • Anforderungen aus Sport und Gesellschaft
    → Hohe Belastbarkeit: besonders für Profisportflächen bei enger Belegungsdichte.
    → Verträglichkeit von Hybridrasen: Kombination von Natur- und Kunststofffasern.
    → Nachhaltigkeit und Ökobilanz: Reduzierung von CO₂-Fußabdruck, Biodiversität auf Randflächen.
    → Gesundheit und Sicherheit: Rutschfestigkeit, Verletzungsprävention, gleichmäßige Spielqualität.

  • Regulierung und Politik
    → Pflanzenschutzmittel-Restriktionen: Suche nach Alternativen (biologische Präparate, techn. Innovationen wie Laser oder UV C, Resistenzzüchtung).
    → EU-Green Deal: Druck zur Reduktion von Chemieeinsatz und Ressourcenverbrauch.
    → Zertifizierung von Saatgut: Qualitätskontrolle und Anpassung der RSM-Regelwerke.

 

Sortenversuche von Sterf/NIBIO auf einer Grünsfläche in Dänemark.
Abb. 3: Sortenversuche von Sterf/NIBIO auf einer Grünsfläche in Dänemark (Foto: K.G. Müller-Beck).

 

Institute zur Rasenforschung in Europa

In der Praxis haben sich in Europa einige Institute, die teilweise an Universitäten und Hochschulen angeschlossen sind, mit Forschungsprojekten zum Thema Rasenwissenschaft etabliert. In einer Übersicht, die mit KI-Unterstützung entstand, zeigen sich verschiedene Arbeits-Schwerpunkte in den europäischen Regionen. Die Institute haben unterschiedliche Profile, zusammen bilden sie ein europäisches Kompetenznetzwerk.

Daraus ergibt sich ein stark komplementäres Netzwerk. So liefert Skandinavien Daten zur Klima-Resilienz, Südeuropa entwickelt verstärkt Stressstrategien, Großbritannien verfolgt Performance-Innovationen, die Niederlande forschen zur Materialnachhaltigkeit und in Deutschland stehen Qualifizierung und Wissenstransfer im Fokus.

  • In Skandinavien liefern STERF/NIBIO sehr robuste, frei verfügbare Ergebnisse/ Leitfäden zu Winterstress, IPM und Sortenwahl (Greens/Fairways). Diese Daten sind direkt übertragbar auf kühle und Übergangs-Klimate.
  • Großbritannien ist mit STRI die erste Adresse für Spielflächen-Performance, Bau und Sanierung sowie für Produkt-/Verfahrens¬tests unter Wettkampfbedingungen.
  • Süd-Europa deckt mit CeRTES/Pisa und Landlab mediterrane Stressfaktoren (Hitze/Salz/Wasserknappheit, Warm-Season-Gräser) ab. Hier können Erkenntnisse für kontinentale Trockenphasen abgeleitet werden.
  • In den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz werden Aus- und Weiterbildung durch Grundlagenforschung gestärkt und so der Wissenstransfer gefördert (Studienangebote, Praxisversuche, Zertifikate).

Zusammengefasst ergeben sich so für die nahe Zukunft deutliche Arbeitsschwerpunkte. Zentrale Treiber für Innovationen sind STERF/NIBIO (Klima/IPM), STRI (Technik und Performance) sowie CeRTES/Landlab (Mediterrane Stressfaktoren).
Wichtige Transfer- und Ausbildungszentren entstehen an der Hochschule Osnabrück und Agroscope.
Die Schnittstelle für Material- und Nachhaltigkeitsinnovationen wird in Wageningen besonders ausgebaut (ChatGPT, 2025).

 

Wichtige Institute für Rasenforschung in Europa

Quellenhinweise:

 

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© Deutsche Rasengesellschaft e.V. (DRG)