RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: März 2019

Autoren: © Ernst Bos, Advies cultuurtechniek * sport * golf; Niederlande
Übersetzung: Prof. Dipl. Agrarbiologe Martin Bocksch, DRG-Vorstandsmitglied, Echterdingen


Gesunde, tief reichende Gräserwurzeln bilden die Grundlage für starken Rasen

 

Einleitung

In den Niederlanden publizieren die beteiligten Verbände aus der Golfszene, als gemeinsame Aktion, seit geraumer Zeit spezielle Fact Sheets zu verschiedenen Themen im Sinne einer nachhaltigen Golfplatzpflege. Die Royal Dutch Golf Federation (NGF), die Dutch Greenkeepers Association (NGA) und die Dutch Association of Golf Accommodations (NVG) unterstützen die Bedeutung hochwertiger Golfplätze. Diese Informationsblätter dienen einer gemeinsamen Ausrichtung für Golfclubs, Golfplatzbetreiber, Kursleiter, Head-Greenkeeper und Greenkeeper.
In Abstimmung mit den niederländischen Verbänden berichtet die DRG in unregelmäßigen Abständen über bestimmte Fachthemen.

Aktuelles Thema Graswurzeln

Original: „Graswortels“ www.ngf.nl/~/media/pdfs/ngf/caddie/duurzaam-beheer-en-exploitatie/baanmanagement-ondersteuning/factsheet-graswortels.pdf?rev=1945872699

Das Wurzelwachstum setzt an der Spitze jeder Wurzel an und wird durch eine stabile "Wurzelhaube", die Kalyptra geschützt, die den Raum zwischen den Bodenpartikeln schafft. Direkt hinter der Wurzelhaube sorgt das Wachstumsgewebe (Meristem) durch Zellteilung für das Längenwachstum der Wurzeln. Danach entstehen die Zellen, mit denen Feuchtigkeit und Nahrung aufgenommen werden. Diese Zellen bilden Ausstülpungen mit den sehr empfindlichen und zerbrechlichen Haarwurzeln. Die Dichte, Feinheit und Tiefe des Wurzelsystems variieren je nach Grasart, sie werden darüber hinaus stark vom Alter, Witterung und den Wachstumsbedingungen beeinflusst.

  • Unter trockenen, nährstoffarmen Bedingungen bilden Gräser oft eine aufwändigere, tiefere Wurzel, um noch ausreichend Feuchtigkeit und Nahrung zu erreichen und aufnehmen zu können. Das zeigt sich auch unter neuen nährstoffarmen, grobsandigen Grüns.
  • Wenn Feuchtigkeit und Nahrung übermäßig verfügbar sind, bilden die meisten Gräser nur eine kurze, verzweigte Wurzel. Die Ernährung mit leicht absorbierbarem Nitrat-Stickstoff gibt dickere Wurzeln mit einer geringeren Oberfläche. Die Aufnahme von Ammonium-Stickstoff ist weniger einfach, was eine größere Wurzeloberfläche erfordert. Dazu kommen ein stärker verzweigtes Wurzelsystem und mehr Haarwurzeln.
  • Ältere Rasenflächen "ziehen die Wurzeln hoch", denn gerade in den oberen Zentimetern steigen die Menge an organischer Substanz und das damit verbundene Bodenleben an. Da Feuchtigkeit und Nährstoffe leichter direkt unter der Bodenoberfläche absorbiert werden, nimmt die Verwurzelung nach unten hin ab. Man spricht daher oft von "faulem Gras". Eine gleichmäßig durchmischte und verzahnte, trockene, nicht zu feste Rasentragschicht und eine gute Bodenstruktur fördern eine tiefe Verwurzelung. Das hat viele Vorteile.

Funktion und Eigenschaften der Wurzeln

Für Gräser bedeutete die Hauptfunktion der Wurzeln zunächst:

  • Aufnahme von Feuchtigkeit und Nährstoffen.
  • Aufbewahrung der Reserven für die Erholung nach dem Winter und nach Trockenperioden.
  • Verankerung im Boden.

Beim Golfrasen ist eine gute und tiefe Wurzelentwicklung besonders wichtig für:

  • die Scherfestigkeit,
  • die Narbendichte,
  • die Stabilität und Ebenheit des Rasens,
  • die Regeneration des Rasens nach der Abnutzung,
  • eine bbessere Ausnutzung der verabreichten Dünger- und Wassergaben.

Indirekt leisten die Wurzeln zudem einen Beitrag zu einer guten Bodenstruktur:

  • Wurzeln bringen Kohlenhydrate in den Boden und verteilen Mineralstoffe.
  • Tiefe Wurzeln bilden kontinuierliche, vertikale Makroporen zur Verbesserung der Wasserinfiltration und des Gasaustausches.
  • Bodenpilze und -bakterien leben von toten Wurzeln und "kitten" lose Bodenpartikel aneinander, bis 'Krümel' entstehen.

 

Rhizome der Wiesenrispe mit Wurzeln aus den Knoten
Abb. 1: Rhizome der Wiesenrispe mit Wurzeln aus den Knoten. (Foto: Ernst Bos)

 

Da Nährstoffe (vor allem Stickstoff) und Feuchtigkeit übermäßig verfügbar sind, sind die Graswurzeln weniger verzweigt.
Abb. 2: Da Nährstoffe (vor allem Stickstoff) und Feuchtigkeit übermäßig verfügbar
sind, sind die Graswurzeln weniger verzweigt.(Foto: Ernst Bos)

 

Einflussfaktoren auf Wurzelwachstum

  • Für das Wurzelwachstum sind Kohlenhydrate aus der Fotosynthese der "grundlegende Baustein" aller organischen Verbindungen. Als Energiequelle für diese Produktion benötigt das Blattgrün eine ausreichende Lichtmenge. Die notwendigen Mineralstoffe werden von den Wurzeln mit der Bodenfeuchtigkeit aufgenommen. Sind die Mineralien nicht in pflanzenverfügbarer Form vorhanden oder außerhalb der Reichweite der Wurzeln so stagniert das Wurzel- und Pflanzenwachstum.
  • Die Nährstoffe werden nur in gelöster Form aufgenommen und transportiert. Die empfindlichen Haarwurzeln trocknen schnell aus, wenn Wassermangel herrscht. Das reduziert die Aufnahmekapazität von Wasser und Nährstoffen stark.
  • Die Energie für die Prozesse in den Wurzeln kommt aus der Verbrennung von Kohlenhydraten (gewonnen in der Fotosynthese). Sauerstoffmangel bedeutet für diese Stoffwechselprozesse daher, dass sie nicht optimal ablaufen können und damit weniger Energie zur Verfügung steht.
  • Der Eindringwiderstand, den die Wurzeln in feinem Sandboden überwinden können, ist in der Regel nicht größer als ca. 2 MPa (20 bar), in grobem Sand bis zu 2,5 MPa (25 bar). 3,0 MPa (30 bar) bedeutet für die meisten Pflanzenarten das sie in diesem Boden nicht wurzeln können.
  • Graswurzeln funktionieren am besten bei Temperaturen von 10 bis 18 °C in der Wurzelzone. Bei Temperaturen unter 5 °C und höher als 25 °C (das ist abhängig von der Grasart) sind die Graswurzeln kaum noch aktiv.

 

Wenn weniger Nährstoffe und Feuchtigkeit zur Verfügung stehen, bilden Graswurzeln zahlreiche Haarwurzeln
Abb. 3: Wenn weniger Nährstoffe und Feuchtigkeit zur Verfügung stehen, bilden
Graswurzeln zahlreiche Haarwurzeln, um die Absorptionsoberfläche deutlich zu erhöhen.
(Foto: Ernst Bos)

 

Tiefgründige Böden mit einer guten Bodenstruktur, bieten die besten Möglichkeiten für ein gut entwickeltes Wurzelsystem
Abb. 4: Tiefgründige Böden mit einer guten Bodenstruktur, bieten die besten
Möglichkeiten für ein gut entwickeltes Wurzelsystem. (Foto: Ernst Bos)

 

Hitzestress ist kritisch

In heißen, niederschlagsfreien Perioden verdunsten Gräser mehr Wasser, als die Wurzeln aufnehmen können. Um Hitzestress vorzubeugen, scheint es daher logisch häufig zu Beregnen, um den Rasen zu kühlen und mit Wasser zu versorgen. Das kann sich aber auch ungünstig auswirken.

  • Nasse Böden haben eine größere Wärmekapazität als trockene Böden. Trockener Boden kühlt daher in der Nacht besser ab. Nasser, erwärmter Boden speichert die Wärme, dadurch wird die Temperatur in der Wurzelzone schnell zu hoch.
  • Eine unzureichende Wasseraufnahme ist die Folge und kann zu einer wichtigeren Ursache für Austrocknung werden als der eigentliche Wassermangel.
  • Weil sich feuchter Boden besser erwärmt als kalter Boden, fördern häufige Wassergaben in heißen Perioden den Hitzetransport in tiefere Bodenschichten und heizen auch diese auf, was einen noch größeren Teil der Wurzelzone erwärmt.
  • Höhere Bodentemperaturen fördern den Abbau von organischer Substanz. Dies erfordert mehr Sauerstoff, während eine nasse Oberschicht den Gasaustausch zusätzlich verlangsamt. Das kann zu spürbarem Sauerstoffmangel für eine gesunde Wurzelaktivität führen.

In wärmeren Perioden ist es daher ratsam, die obersten Bodenschichten und die Oberfläche trockener zu halten und mit dem Wasser vor allem die tieferen Wurzeln und Bodenschichten zu durchfeuchten. In dieser Situation ist weniger häufiges Beregnen mit größeren Mengen vorteilhaft. Es ist zudem sinnvoll und ratsam, neben dem Feuchtigkeitsgehalt auch die Temperatur in der Wurzelzone im Auge zu behalten.

Wenn die Temperatur steigt, steigt die Fotosyntheseaktivität und -leistung zunächst noch bis auf ein bestimmtes Maximum an. Die Atmung (Respiration) hingegen steigt rasant bei steigender Temperatur. Schnellere Atmung bedeutet, dass das Gras mehr Zucker verbrennt und logischerweise weniger für Wachstum und Erholung des Rasens vorhält. Um das Wachstum aufrecht  zu halten, ist es daher ratsam, die Umgebungstemperatur in warmen Situationen zu senken. Zum Beispiel durch Kühlungsberegnung (Syringing): Kurz und schnell werden nur die Grasblätter befeuchtet. Die Verdunstung dieses Wassers sorgt für eine erhebliche Abkühlung, sodass die Gräser nicht überhitzen und denaturieren und die Rasenanlage weiter funktioniert.

Einen ähnlichen Effekt kann man durch Belüftung mit kühler oder befeuchteter Luft erzielen.

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