RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: April 2021

Autor: © Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Förderung der Biodiversität durch Golfanlagen gewinnt an Bedeutung

 

Einleitung

Eine der größten globalen Bedrohungen, denen wir heute gegenüberstehen, ist der Verlust der biologischen Vielfalt und der Zusammenbruch wichtiger Ökosysteme. Die Biodiversitätsstrategie der EU für 2030 sieht einen ganzheitlicheren Ansatz zur Rettung der biologischen Vielfalt vor (EDMAN, P. and M. STRANDBERG, 2021).
Golfplätze bieten die Möglichkeit, magere und kräuterreiche Roughs anzulegen, die sowohl dem Wunsch der Spieler als auch der Erhaltung eines günstigen Zustands für der Artenvielfalt entsprechen.

Um bei dieser wichtigen Arbeit erfolgreich zu sein, ist eine Landschaftsperspektive erforderlich. Alle Akteure in der Landschaft müssen zusammenarbeiten und zu einer reichhaltigen Flora und Fauna beitragen und sich an der Arbeit mit grüner Infrastruktur beteiligen. In einem aktuellen STERFF-Projekt soll untersucht werden, ob der Golfplatz dabei helfen kann, einige der verloren artenreichen Wiesen und Weiden der Landwirtschaft zu ersetzen (EDMAN, P. and M. STRANDBERG, 2021).

 

Schön gelungener Übergang von Blumenwiese zu Heckenrosenformation
Abb. 1: Schön gelungener Übergang von Blumenwiese zu Heckenrosenformation (Fürstlicher GC Oberschwaben).
Foto: M. Elsäßer

 

Situation in Deutschland

Nach ELSÄSSER (2021) werden nur noch wenige Prozent des in Deutschland vorhandenen Grünlandes dem Attribut „artenreich“ gerecht. „Solche Flächen stehen häufig unter besonderem Schutz und müssen per se „extensiv“ bewirtschaftet werden, worunter in der Landwirt¬schaft eine jährlich maximal zwei- allenfalls dreimalige Nutzung bei gleichzeitig geringer oder keiner Düngung verstanden wird.“

Vor dem Hintergrund des dramatischen Artenrückganges auf landwirtschaftlichen Flächen sieht ELSÄSSER (2021) eine große Chance für Golfanlagen zur Förderung der Biodiversität, weil dort umfangreiche Flächen einer dauerhaften Nutzung ohne Bodenbearbeitung unterliegen. Je nach Standort und Größe der Anlage sind oft nur etwa 50 % der Flächen dem eigentlichen Spielbetrieb zuzurechnen, sodass gerade die Golf-Roughs sehr oft ein Ort hoher Biodiversität sein können. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Böden ausgemagert sind. Ein Überschuss von Nährstoffen im Boden würde konkurrenzstarke Artengruppen, meist sind das Gräser oder nitrophile Kräuter, bevorteilen. Eine Beobachtungsstudie des LAZBW Aulendorf im Rahmen der Biodiversitätsstrategie des Landes Baden-Württemberg war hier sehr aufschlussreich (GRANT et al., 2020). In dieser Studie wurden jeweils 10 Rough-Flächen auf 15 Golfanlagen in Baden-Württemberg im Jahr 2019 auf ihr pflanzliches Arteninventar untersucht.
In einem umfangreichen Beitrag beleuchtet ELSÄSSER (2021) die Auswirkungen der Pflegemaßnahmen „Mähen und Abfahren“ sowie „Mulchen“ von Rough-Flächen im Hinblick auf die Artenvielfalt.

 

Lebensraum Golfplatz – Wir fördern Artenvielfalt

Das Pilotprojekt baden-württembergischer Golfanlagen, des Umweltministeriums Baden-Württemberg, des Baden-Württembergischen Golfverbandes und des Deutschen Golf Verbandes hat das Ziel, die vorhandenen Biodiversitätsflächen auf baden-württembergischen Golfanlagen quantitativ und qualitativ auszubauen. Durch die Kooperation mit dem Umweltministerium werden die Golfanlagen bzw. die umgesetzten Maßnahmen erstmals Teil der Naturschutzstrategie des Landes Baden- Württemberg und erhalten dadurch eine neue Wahrnehmung der Sportart Golf in Politik und Gesellschaft. Die Teilnahmebedingungen für das zunächst auf zwei Jahre angelegte Pilotprojekt sind so ausgelegt, dass möglichst viele Clubs teilnehmen und profitieren können.
In einem Webinar des Greenkeeper Verbandes Deutschland e.V. ging Dr. Gunther Hardt im Februar 2021 auf die Ziele und Aktivitäten dieses Projektes ein.

 

 

Logo zur Entwicklung der Biodiversitätsstrategie auf Golfanlagen Logo zur Entwicklung der Biodiversitätsstrategie auf Golfanlagen
Abb. 2a+b: Konzept mit Logo zur Entwicklung der Biodiversitätsstrategie auf Golfanlagen in Baden-Württemberg. (Quelle: Handout HARDT, G. 2021).
www.lebensraum-golfplatz.de

 

Was versteht man unter Biodiversität?

Als Begriffsbestimmung im Völkerrecht versteht man als Definition für Biodiversität bzw. Biologische Vielfalt die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme“.

Die Vielfalt des Lebens lässt sich auf drei Ebenen beschreiben:

  • Vielfalt der Ökosysteme (Lebensräume wie Wasser, Wald, Alpiner Raum);
  • Vielfalt der Arten (Tiere, Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen);
  • Vielfalt der Gene (Rassen oder Sorten von wildlebenden und genutzten Arten).

Als vierte Ebene versteht man unter funktionaler Biodiversität die Vielfalt der Wechselbeziehungen innerhalb und zwischen den anderen drei Ebenen.
(BAFU, 2010)

 

Erhaltung der Biodiversität

Um den weltweit fortschreitenden Verlust an genetischer Vielfalt, Arten und Lebensräumen einzudämmen, beschloss die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung 1992 das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt (CBD).
Dieses Übereinkommen verfolgt die Ziele:

  • Erhaltung der biologischen Vielfalt,
  • nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile,
  • gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile.

Dabei wird betont, dass auch ein verstärktes Engagement des privaten Sektors notwendig ist, um diese Ziele zu erreichen. Vor dem Hintergrund der Biodiversität sind alle Anstrengungen zur Entwicklung einer nachhaltig geprägten Kulturlandschaft auch im urbanen Raum erforderlich. Zur Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz und zur Vermittlung innovativer Forschungsansätze, sollten in Zukunft verstärkt Leuchtturmprojekte gestartet werden (MÜLLER-BECK, 2019). Gute Beispiele sind „Lebensraum Golfplatz - eine Biodiversitätsstrategie“ in Baden-Württemberg oder das STERFF-Projekt „From dense swards to biodiverse roughs“!

 

Maßnahmen im STERF-Projekt zur Verbesserung der Biodiversität

Das Projekt umfasst verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität. Die Methoden werden an die Gegebenheiten des jeweiligen Golfclubs angepasst. Das Projekt zielt darauf ab, Insekten zu fördern, indem blütenreiche Bestände mit offenem Sand geschaffen werden; hierzu zählen:

  • Entwicklung blütenreicher Magerstandorte durch Mähen und Schnittgut-Aufnahme, Abbrennen im Frühjahr und Aussaat von Wiesenblumensamen sowie Sand-Dressing. Eine kontinuierliche jährliche Pflege ist erforderlich, um die positiven Effekte zu erzielen.
  • Bunkerkanten werden in der Süd- und West-Position senkrecht auf 10-20 cm abgestochen. Sandhaufen werden an heißen Stellen oder Kanten, wo sie das Wild nicht stören, angelegt und alle zwei bis drei Jahre erneuert.
  • Alte, knorrige Bäume, insbesondere Laubbäume und Kiefern, werden gefällt. Totholz wird als Lebensraum für Insekten dort belassen, wo sie das Wild nicht stören oder als störend empfunden werden (EDMAN, P. and M. STRANDBERG, 2021).

In einem ausführlichen Fact Sheet zum Thema: „From dense swards to biodiverse roughs“ stellen die Autoren von STERFF (2021) die wesentlichen Ziele, Maßnahmen und erreichbaren Ergebnisse zur Umwandlung grasreicher Rough-Flächen auf Golfanlagen in artenreiche Pflanzenbestände vor. Hierbei kommt es auf die Etablierung einer vielfältigeren Vegetation auch zur Förderung der Insekten, vor allem an den Waldrändern und den Rough-Flächen, an. Ein wichtiger Faktor der anschließenden gezielten Bewirtschaftung stellt das Schnittregime dar.
Die Autoren empfehlen, sobald die erwünschten Zielarten etabliert sind, sollte auf eine einmalige Mahd im Spätsommer umgestellt werden, wenn die meisten Pflanzen reife Samen entwickelt haben. Abhängig vom Standort kann dieser Termin von Ende Juli bis Ende August variieren. (Siehe hierzu auch den Beitrag ELSÄSSER (2021).
Fazit: „Grüne Infrastruktur geht nicht ohne Engagement und eine sachgerechte Pflege!“

 

Quellenhinweise:

 

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