RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: September 2022

Autor: Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied Deutsche Rasengesellschaft e.V.


Wiederbelebung des braunen Rasens nach Trockenheit

 

Einleitung

In diesen Tagen wird es sehr offensichtlich, dass die Pflanzen unter Wassermangel leiden, wenn längere Trockenperioden vorherrschen. Dies gilt nicht nur für die Bäume im Wald und in der Stadt, sondern auch für krautige Pflanzen und für die Gräser der zahlreichen Rasenflächen im Öffentlichen Grün, den Hausrasen und für zahlreiche Golf und Sportanlagen. Gerade bei den Sporteinrichtungen kommt es darauf an, dass die Funktionalität weitgehend erhalten bleibt. Deshalb erscheint eine angemessene Bewässerung (z.B. Defizit-Bewässerung) notwendig und sinnvoll.
Durch die langanhaltende Trockenheit der letzten Wochen kommt es mittlerweile zu drastischen Einschränkungen bzw. zu Verboten bei der Verwendung von Wasser für die Rasenberegnung. Die Folge sind überwiegend braune Rasenflächen.

 

Rasenflächen auf dem Golfplatz, ausgetrocknetes Hard-Rough ohne Beregnung (li.) und beregnete Funktionsfläche Fairway sowie vorne Semi-Rough ohne (re).
Abb. 1 a+b: Rasenflächen auf dem Golfplatz, ausgetrocknetes Hard-Rough ohne Beregnung (li.) und beregnete
Funktionsfläche Fairway sowie vorne Semi-Rough ohne (re). (Fotos: K.G. Müller-Beck)

 

  • DRG-Statement zum Einsatz grüner Farbe auf Rasen
    Inzwischen entwickelt sich ein Trend zum Einsatz von grüner Farbe bei braunen Rasenflächen, wie die Süddeutsche Zeitung vom 13.8.2022 berichtete.
    Für die Deutsche Rasengesellschaft DRG antwortete der Vorsitzende der DRG, Dr. Harald Nonn auf die Frage: „Wie sinnvoll ist die Rasenfarbe“, im SZ-Interview: "Vertrockneter Rasen bindet kein CO₂, produziert keinen Sauerstoff, kühlt nicht die Umgebungsluft und bietet auch keine attraktive Erholungs- und Spielfläche. Die eigentliche Funktion des Rasens wird durch die Farbspritze nicht wieder hergestellt, das ist eher eine optische Täuschung.“ Als Agrarwissenschaftler verwies Nonn auf die unterschiedlichen Jahreszeiten mit mehr oder weniger Wachstum und somit auch mit vielfältigen Farbtönen im Rasen. „Manchmal wird es im Sommer dann auch braun”.

  • Tipp für die Praxis
    ⇒ Anleitung zur Wiederbelebung des vertrockneten Hausrasens als Download.
    Anleitung herunterladen

    ⇒ Vitalitäts-Test gibt Auskunft zum Download.
    Vitalitäts-Test herunterladen


Bildliche Darstellung der Entwicklungsphasen vom Trockenstress bis zur Regeneration verschiedener Gräserarten aus der Versuchsanstellung nach NITZSCHKE (2020).
Abb. 2: Bildliche Darstellung der Entwicklungsphasen vom Trockenstress bis zur Regeneration verschiedener
Gräserarten aus der Versuchsanstellung nach NITZSCHKE (2020).

 

Auswirkung von Trockenstress auf die Pflanzen

In einer Forschungsarbeit an der Hochschule Osnabrück wurden die Auswirkung von Trockenstress und das anschließende Regenerationsvermögen verschiedener Gräserarten und Mischungen untersucht. In der Masterarbeit berichtet NITZSCHKE (2020) über folgende Zusammenhänge: „Als Trockenstress bezeichnet man den Zustand von Pflanzen, wenn ihnen zu wenig Wasser in geeignetem thermodynamischem Zustand zur Verfügung steht. Eine Trockenheitsbelastung als Stressereignis entwickelt sich im Gegensatz zu vielen anderen Stressereignissen in der Regel langsam und verstärkt sich mit der Dauer der Trockenheit (LARCHER, 2001). Wenn Pflanzen Wasser über die Zellwände abgeben, fließt Wasser aus dem Interzellularraum nach und die Zelle beginnt zu welken, das Zellvolumen sinkt. Welken bedeutet, dass die Zellen sich zusammenziehen, schrumpfen und sich verformen. Je mehr das Protoplasma dadurch irreversibel geschädigt wird, desto empfindlicher reagiert die Pflanze auf Wassermangel.
Auf den Rückgang des Turgors reagiert die Pflanze mit der Produktion von Phytohormonen, die als Signalstoffe für Trockenstress unterschiedliche Schutzmaßnahmen einleiten. Über die Kontrolle der Spaltöffnungen kann die Pflanze einem Wassermangel zunächst entgegenwirken. Hierbei entfällt der Kühlungseffekt, der durch die Verdunstung an den Blättern entsteht. Als Folge der geschlossenen Stomata wird der Gaswechsel eingeschränkt, da kein Kohlendioxid mehr über die Spaltöffnungen aufgenommen werden kann, sinkt die Konzentration im Blattinneren. Wachstumsprozesse, insbesondere das Streckungswachstum, kommen zum Erliegen. Die Assimilat Verteilung und das Verhältnis von Wurzel zu Spross kann sich aber zu Gunsten des Wurzelwachstums verändern. Die Pflanze reagiert mit der Ausdehnung ihrer Wurzeln in tiefere Bodenschichten, um die Wasseraufnahme zu verbessern (LARCHER, 2001)“.

 

Bildliche Darstellung der Entwicklungsphasen vom Trockenstress bis zur Regeneration bei unterschiedlichen Mischungen aus der Versuchsanstellung nach NITZSCHKE (2020).
Abb. 3: Bildliche Darstellung der Entwicklungsphasen vom Trockenstress bis zur Regeneration bei unterschiedlichen
Mischungen aus der Versuchsanstellung nach NITZSCHKE (2020).

 

Anpassungsstrategien der Rasengräser

In der Masterarbeit im Fach „Nachhaltiges Rasenmanagement“ berichtet NITZSCHKE (2020) über folgende Wechselwirkungen und Anpassungen.
„Der Wasserverlust durch Evaporation fällt bei dichten Rasenflächen geringer aus, als bei dünnen, lückenhaften Rasenflächen (HUANG et al. 2014) . Das Wachstum der Triebe beeinflusst somit den Wasserverlust einerseits durch die Transpiration der Blätter und andererseits durch die Verdunstung des Bodens. Die Evaporation an der Bodenoberfläche bildet zusammen mit der Transpiration der Gräser in Summe die Evapotranspiration.
Gräser mit eher aufrechtem Wuchs haben tendenziell höhere Wasserverbrauchsraten. Pflanzen mit langsam wachsenden Trieben können daher längere Dürreperioden überleben.“

HUANG (2008) berichtete, dass trockenheitstolerante Sorten von Poa pratensis eine höhere Empfindlichkeit der Stomata gegenüber Veränderungen des ABA-Blattgehalts im Vergleich zu trockenheitsempfindlichen Sorten aufwiesen, was zu einer früheren Schließung der Stomata, weniger Zellmembranschäden und einer allgemeinen Verzögerung der Abnahme der Gesamtqualität des Rasens führte.

 

Abgestorbene Rasenfläche einer Festwiese nach intensiver Nutzung ohne Beregnung (li.) und ausgetrockneter Gebrauchsrasen (re.) mit Kräuteranteil hier Bibernelle (Pimpinella saxifraga).
Abb. 4 a+b: Abgestorbene Rasenfläche einer Festwiese nach intensiver Nutzung ohne Beregnung (li.) und
ausgetrockneter Gebrauchsrasen (re.) mit Kräuteranteil hier Bibernelle (Pimpinella saxifraga) Fotos: K.G. (Müller-Beck).

 

Untersuchungs-Phase der Trockenperiode

Bei den Osnabrücker-Untersuchungen wurden die Parameter Bodenfeuchte, NDVI-Wert, Deckungsgrad und visuelle Aspekte ermittelt. Die Bodenfeuchte wurde zweimal wöchentlich mit dem „Bodenfeuchte-Sensor SM150“ erfasst (NITZSCHKE et al., 2021).
Zur Messung des NDVI-Wertes wurde ein tragbares Spektroradiometer der Firma Trimble (GreenSeeker handheld crop sensor) verwendet.

Mit der Messung des NDVI-Wertes (Normalized Difference Vegetation Index) wird die Vitalität einer Graspflanze bestimmt. Dieser Index berücksichtigt die unterschiedliche Lichtabsorption und -reflexion grüner Pflanzen (Abbildung 5).

 

Gefäßversuche an der Hochschule Osnabrück zur Ermittlung der Trockenverträglichkeit durch NDVI-Messung bei unterschiedlichen Rasenmischungen.
Abb. 5: Gefäßversuche an der Hochschule Osnabrück zur Ermittlung der Trockenverträglichkeit durch NDVI-Messung
bei unterschiedlichen Rasenmischungen. Fotos: K.G. (Müller-Beck).

 

Das vitale Gras reflektiert dabei im roten Bereich (R) des sichtbaren Spektralbereichs (Wellenlänge von etwa 600 bis 700 nm) relativ wenig und im nahen Infrarot-Bereich (NIR) (Wellenlänge von etwa 700 bis 1300 nm) relativ viel Strahlung.  Je gesünder eine Pflanze ist, desto höher ist die Reflektion im nahen Infrarotbereich.  Der Index wird nach folgender Gleichung berechnet: NDVI = (NIR-R) / (NIR+R). (Abbildung 6).

 

Schematische Darstellung des Reflexionsverhaltens von gesunder und gestresster Rasennarbe mit Formel zur Ermittlung des NDVI-Wertes, dabei ist R = Reflexionsgrad im roten Bereich und NIR = Reflexionsgrad im nahen Infrarotbereich (NITZSCHKE et al., 2021).
Abb. 6: Schematische Darstellung des Reflexionsverhaltens von gesunder und gestresster
Rasennarbe mit Formel zur Ermittlung des NDVI-Wertes, dabei ist R = Reflexionsgrad im roten
Bereich und NIR = Reflexionsgrad im nahen Infrarotbereich (NITZSCHKE et al., 2021).

 

Untersuchungs-Phase der Rasen-Regeneration

Die Regenerationsphase wurde im Versuch mit der Wiederbewässerung (20 Liter pro m²) der ausgetrockneten Versuchsparzellen eingeleitet. Auch in dieser Phase wurden die Parameter Deckungsgrad und NDVI, sowie Rasenaspekt mittels Bonitur bewertet.
Mit der Bewässerung stellte sich auch ein Wachstum der Rasengräser ein, sodass mit dem Mähen eine konstante Schnitthöhe eingestellt wurde.

 

Fazit

Die Ergebnisse zur Untersuchung von Trockenstress bei Rasengräsern lassen sich nach NITZSCHKE et al. (2021) auf folgende Kernaussage zusammenfassen:

  • „Im Verlauf der Trockenperiode nahmen die optische Rasenqualität, Deckungsgrad und NDVI für alle acht Untersuchungsobjekte drastisch ab. Generell waren die Arten Festuca rubra und Festuca trachyphylla am widerstandsfähigsten gegen Trockenstress. Festuca arundinacea und Lolium perenne waren am empfindlichsten. Die übrigen Arten und Mischungen waren intermediär“ (Abbildungen 2 und 3).
  • „Während der Regenerationsphase kehrte sich das Bild um und die Arten Festuca arundinacea und Lolium perenne zeigten die schnellsten Fortschritte, während die Arten Festuca rubra und Festuca trachyphylla auf einem niedrigen Niveau stagnierten. Die drei getesteten Mischungen zeigten ebenfalls ein schnelles und ausgeprägtes Regenerationsverhalten“ (Abbildung 3).

Da auch zukünftig immer wieder mit längeren Trockenperioden gerechnet werden muss, sollte nach NITZSCHKE et al. (2021), im Hinblick auf die Beurteilung der Trockentoleranz von Rasengräsern, dem Regenerationsvermögen demnächst eine größere Bedeutung eingeräumt werden.

 

Quellenhinweise

  • HUANG, B., M. DACOSTA and Y. JIANG, 2014: Research Advances in Mechanisms of Turfgrass Tolerance to Abiotic Stresses: From Physiology to Molecular Biology. In: Critical Reviews in Plant Sciences 33 (2-3), S. 141–189.
  • HUANG, B., 2008: Mechanisms and Strategies for Improving Drought Resistance in Turfgrass. In: Water quality and quantity issues for turfgrass in urban Acta Horticulturae (783), S. 221
  • LARCHER, W.,2001: Ökophysiologie der Pflanzen. Leben, Leistung und Stressbewältigung der Pflanzen in ihrer Umwelt; 77 Tabellen, 8 Boxen: Ulmer Verl.
  • NITZSCHKE, S., PRÄMASSING, W. und K.G. MÜLLER-BECK, 2021: Trockenstress an Gebrauchsrasenmischungen und einzelnen Arten sowie die Bewertung der Regenerationspotenziale.
    Z. Rasen-Turf-Gazon, 2-2021.
  • NITZSCHKE, S., 2020: Ausprägung von Trockenstress an Gebrauchsrasenmischungen und Einzelsorten sowie Abschätzung der Regenerationspotentiale. Masterarbeit Hochschule Osnabrück, FAKULTÄT AGRARWISSENSCHAFTEN UND LANDSCHAFTSARCHITEKTUR, Management im Landschaftsbau (unveröffentlicht).
  • RUCAMUMIHIGO, F. X.,2018: Chemical priming and plant growth regulator effects on drought resistance characteristics of creeping bentgrass. Master Thesis, Michigan State University

 

 

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