RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: Juni 2012

Autor: © . Klaus G. Müller-Beck, Vorsitzender Deutsche Rasengesellschaft e.V.

 

Anforderungen, Nutzung und Pflege von Grünflächen im öffentlichen Grün

Vielfältige Nutzung von Rasenflächen

Mit dem Exkursionsprogramm zum 115. DRG-Seminar „Rasen im öffentlichen Grün“ wurde die  Vielfältigkeit der Rasennutzung den Teilnehmern ausführlich präsentiert. Rasenflächen im Gelände der Autostadt Wolfsburg dienen in besonderem Maße der optischen Wirkung einer extrem gepflegten Freifläche bei entsprechend ausgeprägter Modellierung. Höchsten Anforderungen an die Strapazierfähigkeit eines Fußball-Rasens muss der Stadionrasen in der Volkswagen Arena gerecht werden. Nicht die Häufigkeit sondern die Intensität der Nutzung durch den Liga-Fußball ist hier die Herausforderung. Ganz anders ist das bei der neu errichteten städtischen Sportanlage für den BV Germania in Wolfenbüttel; denn hier sollen nahezu 20 Mannschaften ihren Trainings- und Spielbetrieb in Kürze aufnehmen, dazu stehen ein Haupt- und Nebenplatz als Naturrasenfläche sowie ein Kunstrasenplatz der 3. Generation zur Verfügung. Rasen im öffentlichen Grün kann auch für neue Sportarten, wie beispielsweise dem „Disc Golf“ genutzt werden, wie den Exkursionsteilnehmern im Seeligerpark in Wolfenbüttel demonstriert wurde.

 

Pflegekonzept für Rasen in der Autostadt Wolfsburg

Die über 90 Teilnehmer des 115. DRG-Seminars wurden an der ersten Station der Exkursion offiziell in der Empfangshalle der Autostadt begrüßt. Allerdings standen nicht die zahlreichen Marken des Konzerns im Mittelpunkt des Interesses, sondern das außergewöhnliche Pflegekonzept für die umfangreichen Grünflächen sorgte für große Aufmerksamkeit bei den Teilnehmern. Eine besonders kompetente Führung durch den Parcours der Anlage vermittelten die verantwortlichen Kollegen, Herr Janzen und Herr Hagenah, von der Pflegefirma Haltern & Kaufman.

 

Rasen in der Autostadt Wolfsburg.
Abb. 1: Rasen in der Autostadt Wolfsburg. (Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Das Besondere an diesem Pflegevertrag sind die Ausführungsbestimmungen; denn der überwiegende Teil der Arbeiten ist in der Nachtschicht von 23:00 bis 7:30 Uhr durchzuführen.
So müssen alle gärtnerischen Arbeiten, wie Mähen, Vertikutieren, Düngen, Pflanzen und Rollrasen verlegen  in der Nachtschicht erledigt werden, das Gleiche gilt für Reinigungsarbeiten.
Einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen dann die „Showgärtner“ mit Schürze und Strohhut, die während des Tages leichte Pflegearbeiten, wie schneiden von Buxus oder Pflege der Blühkreise durchführen und den Besuchern bei Bedarf Rede und Antwort stehen.

 

Teststrecke für SUV-Fahrzeuge mit extremen Neigungswinkeln bei den Rasenböschungen.
Abb. 2: Teststrecke für SUV-Fahrzeuge mit extremen Neigungswinkeln bei den Rasenböschungen.
(Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Volkswagen Arena mit Hybridrasen

Zu Beginn der Spielsaison 2011/12 hatte das Stadion einen neuen Rasen für die Frauen WM bekommen. Als Besonderheit wurde das Desso Grassmaster-System zur Armierung der Rasentragschicht implantiert.
Dabei werden Polypropylenfasern im Abstand von 2 cm bis zu einer Tiefe von 20 cm in die Tragschicht eingetuftet. Für die Spielpause 2012/13 stand jetzt eine Renovierung der aufgetragenen Sodenschicht an, die von der englischen Firma Mallison gerade zum Besichtigungszeitpunkt gestartet wurde. Das Ergebnis wird man dann zu Beginn der neuen Bundesliga-Saison beobachten können; denn nach dem Abtrag der Sodenschicht wurde neues RTS-Material aufgetragen und mit einer Lolium perenne Mischung angesät.

 

Volkswagen Arena
Abb. 3: In der Volkswagen Arena erläuterte der Head-Greenkeeper, Matthias Eichner, den DRG-Teilnehmern den Aufbau des Rasens und das Pflegesystem.
(Foto: K.G. Müller-Beck)

 

Eine zusätzliche Qualitätssteigerung erhält der Rasen durch die Assimilationsbeleuchtung. Mit neun Modulen des SGL-Systems wird der Wachstumsfaktor Licht gerade in den Herbst- und Wintermonaten gesteuert, wobei die übrigen Faktoren wie Feuchtigkeit, Temperatur oder CO2-Gehalt ständig durch Sensoren erfasst werden und somit eine ausgewogene Steuerung des Systems inklusive der Bodenheizung möglich werden.

 

Das System zur Armierung der Tragschicht interessierte die DRG-Teilnehmer ganz besonders, sodass der Ausstich bevorzugt fotografiert wurde.
Abb. 4: Das System zur Armierung der Tragschicht interessierte die DRG-Teilnehmer ganz besonders, sodass der Ausstich bevorzugt fotografiert wurde.
(Foto: Martin Sax, DRG)

 

Der komplexe Aufbau in der Volkswagen Arena, vom Baugrund über Dränschicht bis zur Rasentragschicht, steht für Wasserdurchlässigkeit, Scherfestigkeit und Ebenflächigkeit.
Sportanlage BV Germania Wolfenbüttel an neuem Standort

Der Bezug zur kommunalen und Vereinssportanlage wurde mit dem dritten Besichtigungsobjekt, der neunen Sportanlage des BV Germania Wolfenbüttel hergestellt.
Vertreter der Kommune, des Planungsbüros und des Vereins stellten das Konzept der aus der Innenstadt an den Stadtrand ausgelagerten Sportanlage dar.

Mit einem A-Platz als Naturrasen (7.200 m²), einem C-Platz ebenfalls Naturrasen (2.400 m²) und einem Kunststoffrasen (6.400m²) wird der Verein die Anlage mit seinen 20 Mannschaften nutzen.

 

Erläuterungen zum neu angelegten Rasenplatz bei BV Germania Wolfenbüttel.
Abb. 5: Erläuterungen zum neu angelegten Rasenplatz bei BV Germania Wolfenbüttel.
(Foto: Martin Sax, DRG)

 

Die Rasennarbe der Neuanlage des A-Platzes zeigte sich in einer hervorragenden Qualität aus den Gräsern Lolium perenne und Poa pratensis. Als Ansaat kam folgende Mischung zum Einsatz:

20 % Lolium perenne COCKTAIL   (Note 8)
20 % Lolium perenne JULIUS   (Note 8)
10 % Poa pratensis LIMOUSINE    (Note 9)
20 % Poa pratensis MARGARITA   (Note 9)
30 % Poa pratensis VESUVIUS   (Note 9)

 

Hier wurde eine Sportrasenmischung mit höchsten Eignungsnoten nach FLL Regelsaatgut ausgebracht. Bezüglich der Pflege gab es einiges anzumerken; denn zum Zeitpunkt der Besichtigung war die Aufwuchshöhe eher zu lang und die Narbendicht auf dem C-Platz noch teilweise lückig.

 

Naturrasen muss rechtzeitig gemäht werden
Abb. 6: Naturrasen muss rechtzeitig gemäht werden, damit die „Drittel-Regel“ beim Schnitt eingehalten wird.
(Fotos: K.G. Müller-Beck)

Kunstrasen
Abb. 7: Kunstrasen wird mit einem Sand-Gummigranulat verfüllt, damit die Fasern aufrecht stehen.

 

„DiscGolf“ im Seeligerpark

Mit der Weiterfahrt zur städtischen Grünanlage Seeligerpark erreichte die Exkursion einen besonderen Höhepunkt; denn Herr Fellenberg, vom städtischen Grünflächenamt, hatte für eine Überraschung gesorgt. Oft werden Rasenflächen in derartigen Parkanlagen aus Kostengründen wenig gepflegt, da ja auch kaum eine Nutzung vorliegt.

 

Wurfübungen zum Erreichen des Zielkorbes (DisCatcher) beim DiscGolf im Seeligerpark Wolfenbüttel.
Abb. 8: Wurfübungen zum Erreichen des Zielkorbes (DisCatcher) beim DiscGolf im Seeligerpark Wolfenbüttel.
(Foto: Martin Sax, DRG)

 

In dieser Anlage hatte die Stadt jedoch dem neu gegründeten Verein für „DiscGolf“ eine angemessene Übungsfläche zur Verfügung gestellt. Vor diesem Hintergrund konnte der Rasen regelmäßiger gemäht und zumindest einmal gedüngt werden, damit sich ein entsprechender Kräuterrasen ansiedelt.
Informationen zum Stichwort „DiscGolf“ finden Interessenten unter der Adresse:
www.discgolf.de/2011/05/wolfenbuttel-erste-stadt-mit-zwei-parcours/

 

Fazit

Rasenflächen dienen als Vegetationsschicht den vielfältigsten Nutzungsansprüchen. So werden ästhetische und gestalterische Elemente in einer Parkanlage, wie in der Autostadt gesehen, besonders hervorgehoben. Der Rasen soll das „perfekte“ Image unterstreichen und die Wertigkeit der Anlage auf höchstem Niveau präsentieren. Für manche Gärtner in der Teilnehmergruppe war dieser Anspruch grenzwertig.
Strapazierfähigkeit eines Rasens wird beim Fußballfeld gefordert. Mit der Armierung der Rasentragschicht in der Volkswagen Arena wird hier das Höchstmaß eines Naturrasens erreicht. Die Auswahl von Spitzensorten (Lolium perenne und Poa pratensis) für die Sportrasenmischung ist bei der Sportanlage des BV Germania Wolfenbüttels die beste Voraussetzung für die hohe Strapazierfähigkeit.
Vielzwecknutzung leistete dann der Kräuterrasen im Seeligerpark, bei niedriger bis mittlerer Pflegeintensität.

Für die Mitglieder der Deutschen Rasengesellschaft stehen die Handouts zu den Vorträgen der Referate-Tagung im Login-Bereich bereit.

 

Autor
Dr. Klaus G. Müller-Beck,
Vorsitzender Deutsche Rasengesellschaft e.V.
Godesberger-Allee 142-146
 53175 Bonn

E-Mail: info@rasengesellschaft.de

Zurück

© Deutsche Rasengesellschaft e.V. (DRG)