RASENTHEMEN SEIT 1999

Rasenthema: Januar 2015

Autor: © Prof. Martin Bocksch, Echterdingen

 

Rasen-Management bei Winterstress für Gräser

Kurzbericht zum STERF-/Bioforsk-Seminar:„Turfgrass Winter Survival“ im November 2014 in Norwegen

Winterhärte ist nicht nur Frosttoleranz

Die Frosttoleranz der Gräser erhöht sich, wenn sie eine langsame Abkühlung erfahren. Bei plötzlichem Starkfrost nach positiven Temperaturen kommt es zur Eisbildung in der Zelle. Dabei dehnt sich das Wasser aus, sprengt und zerstört die Zelle. Den Wassergehalt der Zellen vor dem Winter zu reduzieren und gleichzeitig den Gehalt an Zuckern, besonders Fructanen, darin zu erhöhen, ist einer der wichtigen Vorgänge der Akklimatisierungsphase. Die physiologischen Vorgänge in Agrostis stolonifera und Poa annua unterscheiden sich sowohl in der Ausbildung der Winterhärte als auch der Reaktivierung der Stoffwechselprozesse bei erneut wärmeren Temperaturen deutlich – das haben Versuche in künstlich ausgelösten Kälte- und anschließenden Wärmebedingungen gezeigt. In Skandinavien ist der Winterhärte ein eigenes Züchtungsprojekt gewidmet (www.scanturf.org). Die Winterhärte setzt sich aus „Resistenzen“ gegenüber Winterkrankheiten (Microdochium nivale und Typhula incarnata), Froststärke und -dauer, Dunkelheit, Eisabschluss, hohe Wassergehalte im Spross, Wurzelabriss bei Wechselfrös-ten, Windaustrocknung bei gefrorenem Boden sowie den im Frühjahr bei starkem Frost und gleichzeitig bereits hohen Lichtintensitäten auftretenden Problemen zusammen.

 

 Tab. 1: Frosttoleranz von Agrostis stolonifera im Vergleich zu Poa annua;  (Quelle: Tatsiana Espevig, Bioforsk)
Abb. 1: Tab. 1: Frosttoleranz von Agrostis stolonifera im Vergleich zu Poa annua;
(Quelle: Tatsiana Espevig, Bioforsk)

 

Poa annua und der Winter – eine ganz spezielle Beziehung

Poa annua scheint am stärksten von einer Abdeckung zu profitieren. Unter der Folie wird der Frost abgemildert und im Frühjahr – mit Licht und Wärme – reagiert Poa annua am schnellsten durch Zuckerbildung und Wachstum. Problematisch wird es für die Art nur, wenn es nach einer Wärmephase nochmals richtig kalt wird. Erstens sind die Zellen schnell wieder wasserreicher, zweitens wird keine neue Frosthärte aufgebaut (siehe oben) und drittens brauchen Stoffwechselprozesse viel Sauerstoff, der unter Eisabschluss rasch knapp wird. Dennoch fasziniert Poa annua mit dieser „Winterstrategie“ auch die Fachleute, denn selbst wenn diese riskante Strategie fehlschlägt und zum Totalausfall führt, erneuert sich der Bestand im Frühling aus dem im Boden liegenden Samenpool in wenigen Wochen.

 

 Eislaufen auf dem Golfplatz, wie hier in Norwegen, dürfte In Deutschland eher 
selten sein.
Abb. 2: Eislaufen auf dem Golfplatz, wie hier in Norwegen, dürfte In Deutschland eher selten sein.
Foto: Agnar Kvalbein

 

Dicke Eisdecken auf Rasenflächen der sichere Gräsertod

90 % der Wiesenschäden in Island entstehen durch Eisbedeckung und nur 5 % durch Kälte (insbesondere im Frühjahr). Daher kommt der Oberflächentopographie von Wiesen- und Rasenflächen große Bedeutung zu. Denn: Auf Erhebungen überleben die Pflanzen, in Senken sterben sie ab! 8–12 Wochen Eisabschluss werden von Gräsern ertragen. Ältere Graspflanzen sind im Vergleich zu Einjährigen weniger tolerant gegenüber Eisabschluss. Auch Boden pH-Wert, Nährstoffverfügbarkeit, Bodenleben und die Bodenstruktur haben Einfluss auf die Überlebenschancen der Gräser unter Eisabdeckung.

Weitere Informationen siehe Bericht in Zeitschrift „Greenkeepers Journal“ Nr.4-2014.
Handouts der Vorträge des STERF-Seminars stehen zum Download bereit.

Prof. Martin Bocksch, Echterdingen
info@rasenzeit.de

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