Rasenthema: August 2024
Autor: Dr. agr. Harald Nonn, Vorsitzender Deutsche Rasengesellschaft e.V.
Bewässerung von Sport- und Hausrasen
Immer wieder stellen sich die Fragen: Muss überhaupt beregnet werden, wann wird beregnet, wie viel Wasser ist wirklich notwendig?
Rasengräser bestehen zu fast 90 % aus Wasser. Ohne ausreichende Wasserversorgung brechen die Stoffwechselvorgänge zusammen und das Gras vertrocknet (Foto 1). Die Gräser können ihre Funktionen im Hinblick auf natürliche Flächen für Erholung, Sport und Spiel nicht mehr erfüllen. Vor allem im innerstädtischen Bereich gehen zudem wichtige Eigenschaften wie Abkühlung der Umgebung, Staubfixierung, CO2-Bindung und Sauerstoffproduktion verloren. Nicht zu unterschätzen ist auch das Potenzial vitaler Grünflächen für die Rückhaltung von Wasser und Entlastung der Kanalisation bei Starkniederschlägen. Ein weiteres Argument für mehr natürliches Grün in Siedlungsgebieten und eine klare Absage an die Steinwüsten und an die Verwendung von Kunststoffrasen in privaten und öffentlichen Grünanlagen. Aber auch eine Absage an die in den vergangenen Jahren zunehmend postulierten Forderungen, die sommerliche Wasserversorgung von Grünflächen komplett einzustellen. Hier ist vielmehr die Aufgabe, zukünftig vermehrt Alternativen zur Nutzung von Trinkwasser für die Beregnung, z. B. Brauch- oder Betriebswasser, zu verwenden.
Foto 1: Vertrocknete Rasenfläche, die ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. (Fotos: Dr. H. Nonn)
Beregnung von Rasensportplätzen
Für die Beregnung von Rasensportplätzen gibt die DIN 18035-2 - Bewässerung - hierzu klare Aussagen. Für die Beregnung von Hausrasen müssen diese Aussagen leicht modifiziert werden. Generell gilt aber: In Trockenzeiten ist eine Beregnung zur Vermeidung von Trockenschäden und zur ausreichenden Narbenregeneration unbedingt erforderlich.
Tabelle 1 zeigt die starke Abhängigkeit des Wasserverbrauchs von der Höhe der Temperatur.
Bei der Ermittlung des Wasserbedarfs spielen Bauweise, Witterung und Nutzung die Hauptrollen. Das im Boden verfügbare Wasserreservoir hängt entscheidend von Bodenaufbau und Wurzeltiefgang ab. Je sandiger der Boden und je flacher die Wurzeln desto weniger Wasser steht den Gräsern zur Verfügung. Somit kann es bei hohen Temperaturen schon nach 1 bis 2 Tagen zu Trockenschäden kommen. Mehr Wasser speichern Böden mit höheren Schluff- und Tonanteilen, wobei auf diesen Böden die Wasserdurchlässigkeit meist nicht ausreichend ist. Tiefer wurzelnde Gräser wie z. B. Lolium perenne (Deutsches Weidelgras) und Poa pratensis (Wiesenrispe) können Trockenheit länger schadlos überstehen als die Flachwurzler Poa annua (Jährige Rispe) und Poa trivialis (Gemeine Rispe). Die richtigen Gräser sowie eine tiefe und intensive Durchwurzelung bieten daher gute Voraussetzungen für eine ressourcenschonende Wasserversorgung.
- Der optimale Zeitpunkt
Er liegt bei Rasenflächen kurz vor Welkebeginn der Gräser. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Wurzeln den Wasservorrat im Boden ausgeschöpft und bleiben in der Tiefe. Der Pflanzenbestand zeigt erste Welkesymptome (schlaffes Blatt, leichte Blau-Graufärbung). Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Beregnen. Grundsätzlich wird während der Nacht oder in den frühen Morgenstunden beregnet. Verdunstungsverluste und Windabdrift sind dann gering.
Foto 2: Anzeichen für beginnenden Wassermangel: dunkle Färbung der Gräser. (Foto: Dr. H. Nonn)
- Häufigkeit und Menge
Grundsätzlich gilt für die Beregnung: Lieber selten mit ausreichenden Wassergaben als oft mit geringen Mengen. Die Häufigkeit hängt von der Bodenart und dem Pflanzenbestand ab. Bei sandigen Böden und bei flach wurzelnden Gräsern muss in kürzeren Abständen beregnet werden als bei lehmigen Böden und tiefer Durchwurzelung. Wichtig ist, dass die Wassermenge zur wurzeltiefen Befeuchtung ausreicht. Nur dann bleiben die Wurzeln in tieferen Bodenschichten und die Gräser ausreichend scherfest. Bei Beregnung mit zu wenig Wasser verflacht das Wurzelwerk. Diese Zusammenhänge sollen an einem Beispiel verdeutlicht werden. - Beispielrechnung für eine fachgerechte Beregnung
Ein Rasensportplatz hat eine Fläche von 7.500 m². Die Durchwurzelungstiefe liegt bei 10 cm Tiefe. Das für die Gräser verfügbare Wasserspeichervermögen der Rasentragschicht beträgt pro m² bis in 10 cm Tiefe etwa 12 Liter. Diese Größe kann näherungsweise aus der Bodenart abgeleitet werden. Der tägliche Wasserbedarf der Gräser liegt im Mittel bei etwa 4 Liter pro m² (= mm) täglich.
Bei dem angenommenen Wasserverbrauch reicht das in der Rasentragschicht für die Gräser erreichbare Wasser für etwa 3 Tage. Wenn in dieser Zeit der natürliche Niederschlag ausbleibt, muss der Rasen beregnet werden, damit keine Trockenschäden entstehen. Wird nach 3 Tagen beregnet, muss der gesamte durchwurzelte Horizont durchfeuchtet werden. Hierfür ist bei 7.500 m² rein rechnerisch eine Wassermenge von 90 m³ erforderlich. Unter Berücksichtigung von Verlusten (Windabdrift, Verdunstung während der Beregnung, Rasenfilz etc.) kann man von 100 m³ ausgehen.
Foto 3: Leistungsfähige Versenkberegnung für Sportplätze. (Foto: Dr. H. Nonn)
Bei 10 Beregnungsgängen im Jahr werden somit 1.000 m³ Wasser verbraucht. Je nach Wasserpreis bedeutet dies zum Teil mehrere Tausend Euro im Jahr. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, bedarfsgerecht zu beregnen und sparsam mit Wasser umzugehen.
- Jährlicher Wasserbedarf
Da die natürlichen Niederschläge in Deutschland unterschiedlich verteilt sind, sind auch die Jahresmengen an Beregnungswasser regional verschieden. Dieser Zusammenhang wird in Tabelle 2 verdeutlicht.
Tabelle 2: Jährlicher Bedarf an Beregnungswasser auf Rasenflächen in Abhängigkeit
von den natürlichen Niederschlägen (Quelle: DIN 18035-2)
- Kontrolle und Tipps zum Wassersparen
Eine einfache, aber wirksame Kontrolle der erforderlichen Beregnungsdauer und der richtigen Wassermenge erfolgt durch die Spatenprobe. Mit ihr wird die Eindringtiefe des Wassers festgestellt. Außerdem kann der Wasserverbrauch mit einer Wasseruhr erfasst werden.
Eine Überprüfung der Wasserverteilung auf dem Platz erfolgt mit mehreren Regenmessern oder auch mit flachen Schalen, die das Wasser auffangen. Jeder mm Wasser in der Schale entspricht dabei 1 Liter pro m² (Foto 4).
Ein Regenwächter, der im Falle von Regen bei zeitgesteuerten Beregnungsanlagen den Beregnungsgang unterbricht, hilft Wasser sparen. Eine zusätzliche Kaliumdüngung vor dem Sommer lässt die Gräser sparsamer mit Wasser umgehen und das Anheben der Schnitthöhe im Sommer um 1 bis 2 cm spart ebenfalls Wasser.
Ausreichend mit dem Nährstoff Kalium versorgte Gräser gehen sparsamer mit Wasser um. Kalium steuert die Schließzellen an den Spaltöffnungen der Blätter und reduziert die Verdunstung von Wasser aus der Pflanze in die Atmosphäre. Eine zusätzliche Kaliumdüngung vor der sommerlichen Trockenheit erhöht somit die Trockentoleranz der Gräser und hilft Wasser zu sparen.
Foto 4: Beispiel eines Versuchsaufbaus für die Überprüfung der Beregnungsmenge und der Verteilungsgleichmäßigkeit.
(Foto: Dr. H. Nonn)
Beregnung von Hausrasen oder öffentlichen Grünflächen
Hier gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie beim Sportrasen. Die pro Beregnungsgang erforderlichen Wassermengen sind jedoch aufgrund der meist höheren Wasserspeicherfähigkeit der Böden größer. Die Abstände zwischen den Beregnungsgängen ebenfalls.
Auch hierzu ein Beispiel: Ein Lehmboden speichert in 10 cm Tiefe ca. 25 Liter Wasser. Nimmt man die Durchwurzelungstiefe ebenfalls mit 10 cm an, so sind für eine bedarfsgerechte, wurzeltiefe Beregnung 25 Liter pro m² erforderlich. Bei einem Hausrasen von 200 m² ergibt dies einen Wasserbedarf von 5 m³ pro Beregnungsgang.
Aufgrund der eingeschränkten Ausbringmengen der Regner, die im Hausgarten verwendet werden, ist eine Beregnungsdauer von 3 bis 4 Stunden durchaus erforderlich.
Danach ist aber der Rasen je nach Temperatur und Wasserverbrauch wieder für 1 bis 2 Wochen versorgt.
Foto 5: Komfortabel: Versenkberegnung im Hausrasen. (Foto: Dr. H. Nonn)
Trockenrasen: die Lösung?
Eine Möglichkeit zur Reduktion des Bewässerungsbedarfs ist der Einsatz von Rasenmischungen mit Gräsern, die besser an Hitze und/oder Trockenheit angepasst sind. Hier ist in erster Linie der Rohrschwingel (Festuca arundinacea) zu nennen, der bereits seit vielen Jahren in „Trockenrasen“ angeboten wird. Für die hohe Trockenheitsverträglichkeit benötigt der Rohrschwingel jedoch einen tief durchwurzelbaren Boden. Neben vergleichsweise breiten, groben Blättern ist vor allem seine eingeschränkte Winterfarbe als Nachteil anzuführen, die aber über eine stickstoffbetonte Düngung im Spätherbst verbessert werden kann. In Mischungen wird er häufig mit Wiesenrispe kombiniert. Weiterhin kommt Raublättriger Schwingel (Festuca trachyphylla) in Betracht. Diese feinblättrige Grasart hat nur einen geringen Wasser- und Nährstoffbedarf.
Von beiden Arten stehen zunehmend gute Zuchtsorten für Rasen zur Verfügung, sodass sie zukünftig vor allem im Hausrasen und öffentlichen Grün, Rohrschwingel auch im Sportrasen, vermehrt eingesetzt werden können.
Foto 6: Struktur von Rohrschwingel (links) im Vergleich zu Raublättrigem Schwingel (rechts).
(Foto: Dr. H. Nonn)